Leica Oskar Barnack Award 2024
11.10.24 - 09.02.25
Ernst Leitz Museum
-
Mit einer festlichen Präsentation wurden am Abend des 10. Oktober 2024 im Leica Headquarter die beiden diesjährigen Gewinner Davide Monteleone und Maria Guțu mit dem Leica Oskar Barnack Award 2024 (LOBA) ausgezeichnet.
In der 44. Runde des renommierten Fotografiepreises wurde von der LOBA-Jury der in Italien geborene und in der Schweiz lebende Fotograf Davide Monteleone mit seiner Serie „Critical Minerals – Geography of Energy“ für den Hauptpreis ausgewählt, und die moldawische Fotografin Maria Guțu ist mit ihrer Serie „Homeland“ die Gewinnerin in der Nachwuchskategorie des LOBA. Die beiden Gewinnerserien setzten sich aus einem Bewerberfeld von rund 250 Einreichungen durch, die zuvor der LOBA-Jury durch rund 80 Fotografieexpertinnen und -experten der internationalen Fotografieszene aus circa 50 Ländern vorgeschlagen worden waren.
Davide Monteleone: Critical Minerals – Geography of Energy
In seiner noch nicht abgeschlossenen Langzeitstudie hinterfragt der Fotograf die aktuelle Neuausrichtung der Energiewirtschaft auf erneuerbare Quellen und problematisiert die komplexen geopolitischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen an den Beispielen des Kupfer-, Lithium- und Kobaltbergbaus in Chile, der Demokratischen Republik Kongo und Indonesien. In seiner vielschichtigen Serie zeigt er Landschaften und Industrieanlagen, stellt aber vor allem die dort arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt. Vorgeschlagen wurde die Gewinnerserie von der italienischen LOBA-Nominatorin Antonia Benedetta Donato.
Davide Monteleone wurde 1974 in Potenza, Region Basilicata, Italien, geboren und lebt heute in der Schweiz. Er hat einen Master in Kunst und Politik der Goldsmith University London und ist als Kurator und Dozent in vielen öffentlichen und privaten Institutionen tätig. Ab 2001 lebte und arbeitete er in Moskau. Seine Arbeit als bildender Künstler und Forscher umfasst die Bereiche Bildgestaltung, visueller Journalismus und Schreiben. Seit mehreren Jahren beschäftigt er sich mit Klimathemen im Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaft und Geopolitik. Monteleone hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, schreibt regelmäßig für Zeitschriften wie „National Geographic“, „Time“ und „The New Yorker“; seine Arbeiten wurden vielfach ausgestellt. Unter anderem wurde er mit dem National Geographic Storyteller’s Fund, dem National Geographic Society Fellowship, dem Asia Society Fellowship, dem Carmignac Photojournalism Award, dem EPEA Award, dem European Publishers Award und mehreren World Press Photo Awards ausgezeichnet. Bereits 2020 war er mit seiner Serie „Sinomocene“ für die LOBA-Shortlist nominiert.
Maria Guțu: Homeland
Ausgangspunkt für die berührende Porträtserie ist die persönliche Geschichte der moldawischen Fotografin, die bei ihren Großeltern aufwuchs, da ihre Eltern – wie so viele Bewohner des Landes – aus wirtschaftlichen Gründen im Ausland lebten. In den letzten 20 Jahren hat etwa ein Viertel der Bevölkerung das kleine Land verlassen. Die poetische Bilderzählung fragt nach den eigenen Wurzeln, nach einem Zuhause, dessen Bedeutung sich längst geändert hat. Vorgeschlagen wurde die Serie für die LOBA-Newcomer-Kategorie, die sich an Nachwuchsfotografen bis zu einem Alter von 30 Jahren richtet, von Docdocdoc, School of Modern Photography, St. Petersburg.
Maria Guțu wurde 1996 in der Republik Moldau geboren. Ihr Studium an der Docdocdoc School of Modern Photography, St. Petersburg, hat sie 2022 abgeschlossen. Zuvor hatte sie an der Akademie für Musik, Theater und Bildende Kunst in Chișinău, Moldawien, ein Studium der Filmwissenschaft absolviert. 2019 erhielt sie ein Stipendium des CdFD (Centre of Documentary Photography), Bukarest, Rumänien. 2020 wurde sie Finalistin des People Photography Award von „The Independent Photographer“. Seit 2021 ist sie Mitglied bei Women Photograph. Sie hatte bereits zahlreiche internationale Nominierungen, und ihre Arbeiten wurden in Gemeinschaftsausstellungen präsentiert.
Der LOBA gehört zu den hoch dotierten und renommiertesten Auszeichnungen im Bereich der Fotografie: Die Gewinnerin oder der Gewinner des LOBA erhält 40 000 Euro und eine Leica Kameraausrüstung im Wert von 10 000 Euro, die Gewinnerin oder der Gewinner des Newcomer Awards 10 000 Euro und eine Leica Q3.
Am 10. Oktober werden die beiden Gewinner mit der Preisverleihung und einer alle zwölf Serien der Shortlist zeigenden Ausstellung im Rahmen eines großen Fests der Fotografie in Wetzlar geehrt. Nach der Ausstellung im Ernst Leitz Museum in Wetzlar wird der LOBA 2024 in weiteren Leica Galerien und auf Fotofestivals weltweit zu sehen sein. Begleitend zur Ausstellung erscheint der LOBA-Katalog 2024, der die gesamte LOBA Shortlist 2024 mit ihren kompletten Bildserien und Hintergrundinformationen vorstellt. Weitere Informationen zu den diesjährigen Gewinnern unter: www.leica-oskar-barnack-award.com
Die Ausstellung der Gewinner- und Shortlist-Serien wird mit freundlicher Unterstützung von WhiteWall realisiert.
Shortlist Überblick
-
Forough Alaei: The Underneath of the Calm Streets of Iran
Seit dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini im September 2022 wagen es viele Frauen, gegen die offiziellen staatlichen Verhaltensbestimmungen zu rebellieren. Die iranische Fotografin (*1989) porträtiert in ihrer Serie junge Iranerinnen, die den Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ selbstbewusst leben. Ob Tänzerin oder Restaurantleiterin, ob Motorradrennfahrerin, Automechanikerin oder Stuntfrau: Eine neue Generation von jungen Frauen kämpft sichtbar für ihre Rechte.
-
Anush Babajanyan: Nagorno-Karabakh War and Exodus
Im Mittelpunkt der Serie stehen die seit vielen Jahren andauernden Konflikte um das Gebiet Bergkarabach, eine bis zu deren Flucht im September 2023 überwiegend von Armeniern bewohnte Region im Südosten des Kleinen Kaukasus. Die Fotografin zeigt Bedrohung, Vertreibung und die ungewisse Zukunft der von ihr porträtierten Familien. Babajanyan (*1983) wurde in Armenien geboren und lebt in Deutschland. Ihre Arbeit wurde bereits vielfach ausgezeichnet; sie ist Mitglied der Agentur VII.
-
Emily Garthwaite: Tears of the Tigris
In ihrer Serie folgt die britische Bildjournalistin (*1993) auf 1900 Kilometern dem Fluss Tigris – von seiner Quelle in der Türkei bis ins Gebiet des Irak. Sie untersucht dabei politische Loyalitäten, ethnische Bindungen, nationale Grenzen und die sich verändernde Geografie. Der Fluss steht am Rande einer Umweltkatastrophe, von der etwa 30 Millionen Menschen betroffen sind, die im Einzugsgebiet des Flusses leben und die das Kulturerbe der Region bedroht.
-
Maria Gutu: Homeland
Viele Kinder in der Republik Moldawien wachsen ohne Eltern auf. Aus wirtschaftlichen Gründen hat in den letzten 20 Jahren etwa ein Viertel der Bevölkerung das Land verlassen. Ausgangspunkt für die Serie ist die persönliche Geschichte der moldawischen Fotografin (*1996), die bei ihren Großeltern aufwuchs. Entstanden ist eine poetische Suche nach Wurzeln, nach einem Zuhause, dessen Bedeutung sich immer wieder ändert – selbst im Verständnis der Kinder.
-
Ksenia Ivanova: Between the Trees of the South Caucasus
Das von 2019 bis 2023 fotografierte Projekt der in Russland geborenen und in Berlin lebenden Fotografin (*1990) gibt Einblicke in die noch immer ungelösten Konflikte im Südkaukasus. Im August 2008 stationierte Russland seine Truppen im benachbarten Georgien und erklärte die Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine wirft die Serie grundsätzliche Fragen über die Zukunft dieser Gebiete und die Folgen der dort lebenden Menschen auf.
-
Lucas Lenci: Inattention Era
Der Alltag vieler Menschen ist durch eine permanente Reizüberflutung bestimmt. In seiner schwarzweißen Serie präsentiert der brasilianische Fotograf (*1980) strahlend weiße, aber leere LED-Display-Flächen auf öffentlichen Plätzen, die für ihn als Metaphern für den überwältigenden Überfluss an Informationen dienen, der von den Menschen gar nicht verarbeitet werden kann. Lenci beschreibt den Zustand einer Zeit, die von allgegenwärtiger Ablenkung und Unaufmerksamkeit geprägt ist.
-
Adriana Loureiro Fernández: Paradise Lost
Als eine Art persönliches Tagebuch beschreibt die venezolanische Fotografin (*1988) die desolate Situation in dem südamerikanischen Staat. Seit rund zehn Jahren dokumentiert sie den Zusammenbruch ihres Heimatlandes. Armut, Inflation, Gewalt, aber auch die Hoffnungen einer jungen Generation, die das Land – anders als viele andere – noch nicht verlassen hat. „Irgendwo zwischen der Schönheit und dem Schrecken liegt das verlorene Paradies“, so der Kommentar der Fotografin.
-
Sara Meneses Cuapio: Raízhambre
Der Wald auf dem Matlalcuéyetl, einem inaktiven Vulkan in Tlaxcala, Mexiko, ist zu großen Teilen durch illegalen Holzeinschlag und Borkenkäferbefall verwüstet. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, sondern beeinflusst auch die Weltanschauung der Nahua-Kultur, für die der Wald ein ritueller Ort ist. In ihrer Serie zeigt die Fotografin (*1995), die selbst familiäre Verbindungen zu der Gegend hat, den Zusammenhang von Naturzerstörung und dem Verlust des kulturellen Erbes.
-
Davide Monteleone: Critical Minerals – Geography of Energy
Wie kann in Zukunft Nachhaltigkeit entstehen, ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen? Die Serie hinterfragt die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen, die dem gewünschten Wandel der globalen Energiewirtschaft geschuldet ist. Der in der Schweiz lebende italienische Fotograf (*1974) problematisiert die komplexen geopolitischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen des Kupfer-, Lithium- und Kobaltbergbaus in Chile, der Demokratischen Republik Kongo und Indonesien.
-
Tong Niu: Express Delivery
Die chinesische Logistik- und Kurierbranche hat sich nach einem goldenen Jahrzehnt verändert und wächst langsamer. Die Serie des chinesischen Fotografen (*1998) entstand vor allem in der Region Jiangsu. Die im Großformat aufgenommenen Bilder zeigen den Großstadtalltag der im E-Commerce und Expressversand Beschäftigen; der Fotograf begleitet sie aber auch auf Reisen in ihre ursprünglichen Heimatorte, aus denen sie mit Hoffnungen auf eine bessere Zukunft abgewandert sind.
-
Ingmar Björn Nolting: An Anthology of Changing Climate
Im Kampf gegen die Klimakrise hat Deutschland ehrgeizige Ziele, doch der Status quo ist so komplex wie paradox. Aus dem Wunsch, bis 2045 eine klimaneutrale Industrienation zu sein, ergeben sich soziale und ökologische Dynamiken, die zu einer wachsenden Spaltung der Gesellschaft führen. Der deutsche Fotograf (*1995) geht in seiner Serie der Frage nach, wie im gesellschaftlichen Konsens Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels zu finden sind.
-
Etinosa Yvonne: It’s All in My Head
Das forschungsgestützte Mulitmediaprojekt der nigerianischen Fotografin (*1989) setzt sich mit dem Überleben nach Gewalt- und Terrorismuserfahrungen auseinander. Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, ein multiethnischer und multireligiöser Staat, der ständig mit Grausamkeiten und Konflikten unterschiedlichen Ausmaßes zu kämpfen hat. Seit 2018 arbeitet Yvonne mit mehr als 60 traumatisierten Erwachsenen und Kindern in verschiedenen Landesteilen zusammen.
-
Forough Alaei: The Underneath of the Calm Streets of Iran
-
Öffnungszeiten
Montag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr
Preise
Erwachsene 11,- Euro Kinder bis 8 Jahre Freier Eintritt Ermäßigt* 8,- Euro Familien 24,- Euro Jahreskarte 29,- Euro Schüler während der LOBA-Ausstellung
3,- Euro